Restrukturierungsbausteine in D&O-Versicherungen als präventiver Schutz in Krisenzeiten
vom 29. Juli 2025Multiple Krisen setzen deutsche Unternehmen unter enormen Druck: Inflation, geopolitische Unsicherheiten und hohe Energiekosten führen zu einem signifikanten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. In diesem Umfeld wird der Restrukturierungsbaustein zur unverzichtbaren Komponente moderner D&O-Versicherungen – sowohl für Unternehmen als auch für Versicherer.
Die deutsche Wirtschaft steht unter massivem Druck. Preissteigerungen in nahezu allen Wirtschaftssektoren, insbesondere in der Energieversorgung, kombiniert mit gestörten Lieferketten und anhaltender geopolitischer Unsicherheit, führen bei vielen Unternehmen zu Liquiditätsengpässen. Eine steigende Zahl von Betrieben gerät unverschuldet in wirtschaftliche Schieflagen. Die volkswirtschaftliche Realität zeigt, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen ist. In der ersten Jahreshälfte 2025 wurden rund 9,4 Prozent mehr Insolvenzen gemeldet als im Vergleichszeitraum 2024.
Klassische D&O-Versicherung: Schutz mit Zeitverzug
Die Directors-and-Officers-Versicherung (D&O) bietet Managerinnen und Managern Schutz vor persönlichen Haftungsrisiken im Rahmen ihrer Organfunktion. Im Kern zielt sie auf die Abwehr unberechtigter und die Befriedigung berechtigter Schadenersatzforderungen. Klassische D&O-Policen leisten oftmals erst im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme.
Gerade in Krisenzeiten jedoch benötigen Unternehmen und deren Leitungsorgane nicht nur eine Absicherung gegen die Folgen vergangener Entscheidungen, sondern vielmehr eine präventive Unterstützung zur Vermeidung gravierender Schäden, insbesondere zur Abwendung einer Insolvenz. Genau hier setzt der Restrukturierungsbaustein als essenzieller Bestandteil einer modernen D&O-Versicherung an.
Der Restrukturierungsbaustein bietet dem versicherten Unternehmen Zugang zu präventiver, externer Sanierungsberatung und das bereits in der Phase vor einer drohenden Insolvenz. Die Deckung greift, wenn sich ein Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage befindet, ohne jedoch bereits insolvenzreif zu sein. Die Versicherung übernimmt in solchen Fällen die Kosten von bis zu 40 Arbeitsstunden für hochspezialisierte Restrukturierungsexperten.
Dieser Ansatz bietet insbesondere drei Vorteile:
Frühzeitiges Eingreifen
Maßnahmen zur Sanierung und Restrukturierung werden in einem Stadium initiiert, in dem noch echte Handlungsoptionen bestehen.
Schutz der Unternehmenssubstanz
Der Fokus liegt auf dem Erhalt des Unternehmens und somit auch der Arbeitsplätze.
Minimierung von Haftungsrisiken
Geschäftsleiter reduzieren ihr persönliches Risiko, durch unterlassene Krisenmaßnahmen in Haftung genommen zu werden.
Die zunehmende Komplexität der Krisenlagen erhöht die Eintrittswahrscheinlichkeit wirtschaftlicher Schieflagen signifikant, auch bei grundsätzlich gesunden Unternehmen. Entscheiderinnen und Entscheider stehen unter erheblichem Entscheidungsdruck, in einem engen Zeitkorridor die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Gleichzeitig beobachten Versicherer einen starken Anstieg von D&O-Schäden im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren.
In der Praxis zeigt sich, dass ein erheblicher Teil der D&O-Schäden auf Insolvenzverschleppung, verspätete Zahlungen oder fehlerhafte Sanierungsversuche zurückzuführen ist. Diese Schadenfälle sind nicht nur mit hohen Entschädigungsleistungen verbunden, sondern auch mit langwierigen Rechtsstreitigkeiten, Reputationsrisiken und interner Unruhe.
Die Integration eines Restrukturierungsbausteins in eine D&O-Police stellt für beide Seiten – Versicherungsnehmer wie Versicherer – eine Win-Win-Situation dar.
Für Unternehmen und Organe
Frühzeitige Krisenbewältigung schützt vor persönlicher Haftung, sichert die Fortführung des Unternehmens und ermöglicht den Erhalt von Marktstellung, Lieferantenbeziehungen und Know-how.
Für Versicherer
Durch Prävention lassen sich potenziell existenzielle Haftungsfälle vermeiden. Die Reduktion von Großschäden trägt zur langfristigen Stabilität des Portfolios bei..
Diese Synergie ist versicherungstechnisch wie auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Jeder vermiedene Insolvenzschaden spart dem Versicherer im Zweifel hohe sechs- bis siebenstellige Beträge. Gleichzeitig stärkt er die Kundenbindung durch aktives Schadenmanagement und somit ein starkes Argument auch in der Produktentwicklung.
Persönliche D&O-Deckung als individueller Schutz für Geschäftsführung und Vorstand
Auch im Kontext persönlicher D&O-Versicherungen (z. B. für Mitglieder von Geschäftsführungen in Tochtergesellschaften oder von Vorständen in Beteiligungsunternehmen) entfaltet der Restrukturierungsbaustein seine präventive Wirkung. Der Zugang zu erfahrenen Krisenmanagerinnen und -managern ermöglicht es, individuelle Fehlentscheidungen zu vermeiden, Haftungslücken zu schließen und im Krisenfall rechtzeitig externe Kompetenz zu aktivieren.
Gerade in mittelständischen Unternehmen mit flacher Führungsstruktur und geringer Krisenerfahrung ist diese Unterstützung von unschätzbarem Wert. Die psychologische Entlastung für das Management ist dabei ebenso relevant wie der wirtschaftliche Nutzen.
In einer Zeit wachsender wirtschaftlicher Unsicherheiten ist der Restrukturierungsbaustein weit mehr als ein „Nice-to-have“ in einer D&O-Versicherung. Er fungiert als Brücke zwischen Risikoabsicherung und aktiver Krisenprävention. Die steigende Zahl an Unternehmensinsolvenzen in Deutschland unterstreicht die Notwendigkeit, nicht erst im Nachhinein zu reagieren, sondern frühzeitig professionelle Unterstützung zu aktivieren.
Der Restrukturierungsbaustein wird sich damit als zentraler Bestandteil zukunftsfähiger D&O-Deckungen etablieren. Unternehmen und ihre Organe sind gut beraten, diesen Aspekt im Rahmen ihrer Risiko- und Versicherungsstrategie explizit zu berücksichtigen.