Wo bleiben die Faktenchecker?

In der letzten Zeit ist im Kontext der Corona-Krise ein interessantes Phänomen zu beobachten: Die Faktenchecker. Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, Desinformationen zu bekämpfen und Falschmeldungen einzudämmen. Hier heißt es aber den Überblick zu behalten, was Information und vermeintliche Desinformation ist.


In der Unternehmens-D&O-Versicherung ist ein nicht unerheblicher Schadentreiber die Unternehmensinsolvenz und daraus abgeleitete Schadenersatzansprüche der Insolvenzverwalter gegen das Management. Wie aber ist dieses Risiko zu Zeiten von Lockdowns und anderen Maßnahmen für den D&O-Markt zu bewerten?

Was ist wirklich los im Markt?

„So hart ist der D&O-Markt nun auch wieder nicht“ (Hendricks in Frommes Versicherungsmonitor vom 25.2.2021) oder „Versicherungswirtschaft warnt vor Pleitewelle. Die Zahl der Firmenpleiten könnte auf einen Rekordwert steigen mit Folgen für die Anbieter von D&O-Policen.“ Es ist die Rede von der „weltgrößten Insolvenzwelle seit Ende des Zweiten Weltkrieges“. (Versicherungsbote vom 7.10.2020). Und im Euler-Hermes Insolvenz-Update aus März 2021 ist zu lesen, dass „weltweit die Insolvenzen im vergangenen Jahr trotz Covid-19-Pandemie um rund 10% gesunken sind“ – in Deutschland waren es sogar -15%.
In Deutschland haben sich allerdings die großen Insolvenzen nahezu verdoppelt. Eine interessante Gemengelage an doch unterschiedlichen Aussagen. Wie geht es also weiter? Befindet sich der D&O-Markt jetzt in einer Umbruchphase oder nicht? Sind die jeweiligen Insolvenzprognosen einzig maßgeblich für die D&O-Risikozeichnung, mit der Folge, dass bestimmte Branchen unter Pauschalverdacht geraten? Brauchen wir, um den Überblick zu behalten, die Faktenchecker?

Nein. Was wir brauchen ist in erster Linie unseren gesunden Menschenverstand.

Qualifiziertes Underwriting macht den Unterschied

Es gibt ja noch so was wie Underwriting, also die Prüfung und Einschätzung von Versicherungsrisiken. Underwriting bedeutet nicht, pauschal bestimmte Branchen oder Risikogruppen unter Generalverdacht zu stellen, sondern jede Versicherungsanfrage grundsätzlich individuell bewerten zu können und dabei das Versicherungsgeschäft so zu steuern, dass es einerseits für den Versicherungsnehmer passt und andererseits für den Versicherer profitabel und risikotragfähig ist.

Wer diesen anspruchsvollen Underwriting-Prozess nicht umsetzen kann, wird mittelfristig nicht mehr zu den Gewinnern der Branche gehören. Damit soll nicht gesagt sein, dass dieser Prozess nicht auch zu einer im Vergleich zur Vergangenheit abweichenden Beitragsbeurteilung oder sogar zu Bedingungsanpassungen führen kann.

Ein Risiko versicherbar zu gestalten, dürfte im allseitigen Interesse jedenfalls besser sein, als sich erst gar nicht damit zu beschäftigen.

Derzeit verknappen sich zumindest für die größeren Unternehmen die Kapazitäten der D&O-Versicherung, darüber hinaus steigen die Prämien. Wir als Branche müssen bei solchen Maßnahmen für Transparenz sorgen, um weiterhin Sicherheit zu vermitteln und einer Verunsicherung mit all unserem Einfluss entgegenwirken zu können.

Die Corona-Krise trifft einige Wirtschaftszweige zwar hart, doch es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen. Eine wichtige Rolle spielt dabei stets der Versicherungsvermittler. Professionell arbeitende Vermittler sind immens wichtig. Sie sind nah an den Kunden dran, können so den individuellen Bedarf ermitteln sowie auf Augenhöhe mit den D&O-Anbietern auch die Risikoaspekte darstellen und erörtern. An diesem seit Jahren bewährten Modell der vertrauensvollen Zusammenarbeit wird sich meiner Einschätzung nach so schnell auch nichts ändern. Es kommt daher mehr denn je darauf an, die Verhandlungen sehr gut vorzubereiten und Erwartungshaltungen in die richtigen Bahnen zu lenken.

Das kann im Einzelfall auch bedeuten, dass es eventuell nicht mehr eins zu eins umsetzbare Erwartungen gibt. Wenn aber dennoch durch einen qualifizierten Underwriting-Prozess konstruktive Versicherungslösungen dargestellt werden können, ist das ein besonderes Qualitätsmerkmal in einem sich verhärtenden Marktumfeld.

Wie sagte bereits Henry Ford: „Erfolg besteht darin, dass man genau die Fähigkeiten hat, die im Moment gefragt sind.“

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