Der Pflicht-Selbstbehalt in der D&O-Versicherung

Wenn man sich als Vorstand mit dem Thema D&O-Versicherung beschäftigt, trifft man früher oder später auf die Thematik des Pflicht-Selbstbehaltes. Setzt man sich hiermit auseinander, ergeben sich oft einige Fragen. Was genau es mit dem Pflicht-Selbstbehalt auf sich hat und was man hier bei einer D&O-Versicherung beachten sollte, erfahren Sie hier.

Durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) wurde mit einer Ergänzung in § 93 Abs.2 AktG bei Bestehen einer Unternehmens-D&O-Versicherung für Vorstandsmitglieder im Schadenfall die Verpflichtung zur Tragung eines Selbstbehaltes aufgenommen. Zweck dieser Regelung soll eine verhaltenssteuernde Wirkung sein, damit Manager nicht zu einem allzu risikofreudigen Führungsstil veranlasst werden, da ansonsten der Versicherer der Unternehmens-D&O-Versicherung das Vorstandsmitglied bei einem versicherten Anspruch für den entstanden Schaden vollumfänglich freistellen würde. Es geht also um eine verantwortungsvolle Unternehmensführung.


Die gesetzliche Regelung in § 93 Abs. 2 AktG lautet:

„Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast.

Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.“

Diese – wohl auch leicht missverständliche – Ergänzung führt immer wieder zu Nachfragen, so dass mit diesem Beitrag die wesentlichen Fragestellungen beantwortet werden sollen.

1. Was bedeutet „mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen…“?

Dies bedeutet: Verursacht ein in den Versicherungsschutz einer Unternehmens-D&O-Versicherung einbezogenes Vorstandsmitglied durch eine Pflichtverletzung einen Schaden und haftet es der Gesellschaft dafür, muss das Vorstandsmitglied mindestens 10% dieses Schadens ersetzen. Überschreiten die 10 % des jeweils zu ersetzenden Schadens jedoch das Eineinhalbfache der festen jährlichen Bruttofestvergütung, so ist dies die Obergrenze dessen, was er selbst zahlen muss. Es handelt sich jeweils um eine Mindestobergrenze, von der nach unten nicht per Individualvereinbarung abgewichen werden kann. Eine Abweichung nach oben ist zwar möglich, allgemein üblich ist aber das Festhalten an dem vorgenannten gesetzlichen Mindestrahmen.

Beispiel: Wenn also bei einer Brutto-Jahresfestvergütung von z. B. 100.000 EUR ein Schaden in Höhe von 500.000 EUR entsteht, beträgt der Selbstbehalt 50.000 EUR (10 % des Schadens) und somit nicht 150.000 EUR.

Entsteht im gleichen Beispiel ein Schaden in Höhe von 5.000.000 EUR beträgt der Selbstbehalt nicht 500.000 EUR (10%), sondern ist gedeckelt auf 150.000 EUR.

2. Welche Bestandteile fallen unter die „feste jährliche Vergütung“?

Gemeint ist die fixe Brutto-Jahresfestvergütung ohne etwaige Bonuszahlungen.

3. Die Vergütung welchen Jahres ist einschlägig? Was ist bei mehreren Pflichtverletzungen?

Berechnungsgrundlage ist die Festvergütung des Jahres, in dem die Pflichtverletzung begangen wurde. Verursacht ein Vorstandsmitglied in verschiedenen Jahren durch verschiedene Pflichtverletzungen verschiedene Schäden, wird für jeden Schaden ein eigener Pflichtselbstbehalt fällig in Höhe von mindestens 10% des jeweiligen Schadens oder – wie dargestellt – des Eineinhalbfachen der Jahresfestvergütung des jeweiligen Jahres der Pflichtverletzung. Auf den Zeitpunkt wann die sich aus den Pflichtverletzungen ergebenden Ansprüche letztlich geltend gemacht werden, kommt es für die Anzahl und Höhe der zu tragenden Selbstbehalte nicht an; das gilt also auch, wenn alle Ansprüche in demselben Versicherungsjahr geltend gemacht werden. Der Selbstbehalt für alle innerhalb einer Versicherungsperiode begangenen Pflichtverletzungen ist jedoch insgesamt begrenzt auf das 1,5-fache der Bruttojahresfestvergütung der versicherten Person in der einschlägigen Versicherungsperiode. 

4. Kann der gesetzliche Pflichtselbstbehalt auch wiederum versichert werden?

Ja, das ist möglich. Eine Risikotransfer über eine Versicherungs­lösung ist zulässig. Der Versicherungsmarkt bietet insbesondere zwei Lösungsansätze zur Absicherung des Pflichtselbstbehalts. Bei dem sog. Anrechnungsmodell handelt es sich um eine Versicherung, bei der die Absicherung des Selbstbehaltes auf die Versicherungssumme der D&O-Unternehmenspolice angerechnet wird. Diese Lösung könnte als Umgehung des eigentlichen Steuerungszweckes gesehen werden. Die dem Steuerungszweck angemessenere Versicherungslösung bietet zur Absicherung des Pflichtselbstbehalts eine eigenständige Versicherungssumme. Die Deckungssumme der D&O-Versicherung bleibt danach unangetastet. Versicherungsnehmer und Prämienschuldner ist dann das jeweilige Vorstandsmitglied.

5. Kommt die Anwendung des Selbstbehaltes auch im Falle eines Vergleichs im Schadenfall zum Tragen? In vollem Umfang oder nur anteilig?

Bei einem Vergleich kommt es immer auf die im Einzelfall getroffenen vergleichsweisen Regelungen an. Wird die Zahlung eines Selbstbehaltes vereinbart, kann dieser – natürlich nur bei Bestehen einer entsprechenden Selbstbehalt-Police – im Rahmen der dieser Police zugrunde liegenden AVBs reguliert werden. Wird in dem Vergleich jedoch ein die Versicherungssumme der Selbstbehalt-Police übersteigender Selbstbehalt vereinbart, muss der überschießende (unversicherte) Anteil tatsächlich selbst getragen werden. Letzteres dürfte in der Schadenpraxis aber wohl die absolute Ausnahme sein.

6. Gilt der Pflichtselbstbehalt auch für die GmbH-Geschäftsführung?

Nein. Obwohl der Regelungscharakter des § 93 AktG (Vorstandshaftung) und der des § 43 GmbHG (Geschäftsführerhaftung) weitestgehend identisch ist, findet der Pflichtselbstbehalt für unter einer Unternehmens-D&O-Versicherung abgesicherte Organmitglieder einer GmbH keine Anwendung.

7. Wie kann ich als Vorstandsmitglied den Pflichtselbstbehalt nach § 93 AktG optimal absichern?

Die VOV D&O-Versicherung „Selbstbehalt plus“ bietet hier optimalen Versicherungsschutz, da der im Schadenfall anfallende Selbstbehalt nicht mehr aus der eigenen Tasche des betroffenen Vorstandsmitglieds, sondern über diese VOV-Police geleistet wird. Das Anliegen des Gesetzgebers, eine das Verhalten steuernde Wirkung zu erzielen, ist bei der Gestaltung der VOV SB plus mit eigener Versicherungssumme ohne Anrechnung auf die Versicherungssumme der Unternehmenspolice berücksichtigt worden. Die VOV SB plus ist eine effektive und bedarfsgerechte Versicherungslösung für Vorstandsmitglieder!

Wer sich darüber hinaus als Vorstandsmitglied vollumfänglich über eine persönliche D&O-Versicherung absichern möchte, ist mit unserem Produkt „ChefSache“ bestens aufgestellt, wobei dieses gleichzeitig auch als Selbstbehalt-Versicherung eingesetzt werden kann.


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