Das OLG Frankfurt a.M. (7 U 19/21, r+s 2021, 502) hat am 7.7.2021 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren darüber geurteilt, ob der D&O-Grundversicherer der Wirecard AG dem früheren Vorstandsvorsitzenden Dr. Braun vorläufig Rechtsschutz gewähren muss.
Dies obwohl die Gesellschaft ihre wirtschaftlichen Verhältnisse falsch bilanziert hat. Im Ergebnis hat das Gericht den Versicherer dazu verurteilt, dem Versicherten vorläufig (bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren) Rechtsschutz zu gewähren.
Die Entscheidung ist in vielerlei Hinsicht rechtlich bedenkenswert:
Über den konkreten Einzelfall hinaus ist für D&O-Versicherer wie für Versicherte gleichermaßen relevant, welche Gesichtspunkte überhaupt bei der Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten sind.
Praktisch relevant ist auch, was es eigentlich bedeutet, wenn die AVB bestimmen, dass „im Zweifel“ Rechtsschutz zu gewähren sei. Das ist keineswegs so zweifelsfrei wie das OLG Frankfurt a.M. angenommen hat.
Für die Gestaltung von AVB ist von Bedeutung, wie das Gericht einen Risikoausschluss auslegt, der selbst nicht mit einem Wiedereinschluss versehen ist, wenn ein anderer, gewissermaßen „verwandter“, Risikoausschluss einen Wiedereinschluss enthält. Ist dann „Analogie“ oder „e contrario“ die richtige Auslegung?
Der Schwerpunkt des Urteils liegt auf der Frage, ob es dem Versicherer gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass der frühere Vorstandsvorsitzende ihn vor einer Verlängerung des D&O-Versicherungsvertrags arglistig getäuscht hat. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es sowohl auf die Glaubhaftmachung einer Täuschungshandlung als auch eines Täuschungsvorsatzes an. Zu beiden Aspekten sind entscheidungserhebliche rechtliche Gegebenheiten – konkret: Vorgaben des BGH – zu beachten, die im Urteil keine Berücksichtigung gefunden haben.
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