Die Bedeutung der D&O-Versicherung für den Aufsichtsrat

Zur Absicherung des Privatvermögens bei Inanspruchnahmen wegen behaupteter Pflichtverstöße bei einer Organtätigkeit hat sich die D&O-Versicherung als unverzichtbarer Schutz für Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder etabliert.


Der hohe Stellenwert dieses Versicherungsproduktes ist das Spiegelbild einer strengen Haftungssituation von Organmitgliedern in Deutschland.  Für den Aufsichtsrat reicht hierfür bereits ein Blick in den Deutschen Corporate Governance-Kodex und das Aktiengesetz, um festzustellen, dass diesem ein hohes Maß an Verantwortung übertragen worden ist.

I. Einleitung

Die wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrates bestehen darin, die Geschäftsführung/den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig zu beraten, zu überwachen und letztlich auch die Festlegung und Umsetzung der Strategie zu erörtern. Zudem gibt es einige Entscheidungen, die der ausdrücklichen Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen. Um diese umfangreichen Aufgaben wahrnehmen zu können, sollten die Mitglieder des Aufsichtsrates über entsprechende Fähigkeiten und fachliche Erfahrungen verfügen, um jeweils relevante Entwicklungen im wirtschaftlichen oder juristischen Umfeld sowie weitere Informationen mit potenziellen Auswirkungen für das eigene Unternehmen beurteilen zu können.

II. Aufsichtsrat und persönliche Haftung

Der Aufsichtsrat haftet persönlich und gesamtschuldnerisch, wenn der Gesellschaft durch dessen pflichtwidriges Verhalten ein Schaden entstanden ist. Aufgrund seiner Überwachungspflicht muss der Aufsichtsrat auch eigenverantwortlich prüfen, ob bei einem der Gesellschaft entstandenen Schaden mögliche Schadenersatzansprüche gegen die Geschäftsführung bestehen und diese ggf. geltend machen. Mit der sog. „ARAG-Garmenbeck“-Entscheidung vom 21.4.1997 (Az.: II ZR 175/95) wurde dies dahingehend konkretisiert, dass den Aufsichtsrat die Pflicht trifft, eigenverantwortlich das Bestehen von Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Geschäftsleitungs-/Vorstandsmitgliedern zu prüfen und, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, solche unter Beachtung des Gesetzes- und Satzungsrechts und der von ihm vorgegebenen Maßstäbe dann auch zu verfolgen. Von einer Geltendmachung entsprechend begründeter Schadenersatzansprüche wird der Aufsichtsrat nur dann ausnahmsweise absehen dürfen, wenn gewichtige Interessen und Belange der Gesellschaft dafür sprechen, den ihr entstandenen Schaden ersatzlos hinzunehmen. Deshalb wägen sich Aufsichtsräte eher auf der sichereren Seite, wenn die vorgenommene Risikoanalyse eine erfolgreiche Klagemöglichkeit gegen ein oder mehrere Vorstandsmitglieder ergibt. Klarstellend sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der vom BGH formulierte Leitsatz eben auch die Option zulässt, keine Klage zu erheben und somit kein Automatismus zur Anspruchserhebung besteht. Weil der Aufsichtsrat ausschließlich im Unternehmensinteresse handeln muss, bedeutet dies, dass eine Entscheidung, ob Schadenersatzansprüche weiter zu verfolgen sind, erst dann getroffen werden kann, nachdem alle „Risken- und Nebenwirkungen“ eines solchen Prozesses einer sehr sorgfaltigen Analyse unterworfen worden sind. Dazu ist es empfehlenswert, neben einem unabhängigen Gutachten auch eine Prozessrisikoanalyse durchzuführen.

Da die Mitglieder des Aufsichtsrates zur Vermeidung von Pflichtenverstößen grundsätzlich Risiken frühzeitig erkennen müssen, ist ein gut funktionierendes Risikoüberwachungssystem im jeweiligen Unternehmen von immenser Wichtigkeit. Ferner sollten Aufsichtsratsmitglieder immer für eine angemessene Informationsgrundlage der zu treffenden Entscheidungen sorgen, alle Entscheidungen auffindbar dokumentieren und regelmäßige Compliance Checks im Unternehmen durchführen.

Denn anderenfalls können sich auch die Mitglieder von Aufsichtsräten wie das Mitglied eines Führungsgremiums einer persönlichen Haftung aussetzen. Verletzen Aufsichtsratsmitglieder also ihre Pflichten schuldhaft, wobei Fahrlässigkeit bereits ausreichend sein kann, so haften sie gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) für einen etwaigen Schaden wie ein Vorstand bzw. ein Geschäftsführer. Somit werden im Ergebnis an die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit von Aufsichtsratsmitgliedern dieselben Anforderungen gestellt, was bedeutet, dass die Mitglieder von Aufsichtsräten mit ihrem gesamten Privatvermögen haften, wenn durch die Nichteinhaltung der gebotenen Sorgfaltspflicht dem Unternehmen ein Schaden entstanden ist. Besteht Unklarheit in der Frage, ob der Sorgfaltsmaßstab eingehalten worden ist, so trifft den Aufsichtsrat hierfür die Beweislast, d.h., das betroffene Aufsichtsratsmitglied muss nachweisen, dass es bei dem streitgegenständlichen Sachverhalt die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen.

Die niedrige Haftungsschwelle, die ja schon bei einfacher Fahrlässigkeit ansetzt, wird durch Rechtsprechung und Gesetzgebung ständig bestätigt und weiterentwickelt. Aufsichtsratsmitglieder sollten sich deshalb der finanziellen Konsequenzen bewusst sein und sich intensiv mit der Absicherung ihrer persönlichen Haftungsrisiken befassen.

III. D&O-Versicherung

Die insofern optimale Absicherung für Aufsichtsratsmitglieder bietet eine sog. „D&O“-Versicherung- üblicherweise eine Unternehmens-D&O-Versicherung. Diese schützt vor den finanziellen Folgen einer persönlichen Haftung von Organmitgliedern, insbesondere auch Aufsichtsratsmitgliedern, für den Fall, dass sie wegen einer bei Ausübung ihrer jeweiligen Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung für den daraus resultierenden Vermögensschaden persönlich in Anspruch genommen werden.

Konkret übernimmt die D&O-Versicherung die Deckungsprüfung, die Kosten der qualifizierten Schadenabwehr und – sofern der Anspruch berechtigt ist – die wegen der Sorgfaltspflichtverletzung zu leistende Schadenersatzzahlung. Der Versicherungsschutz umfasst somit sowohl die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr unbegründeter als auch die Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche. Die D&O-Versicherung ist damit, abhängig von einer bedarfsgerechten Bedingungsgestaltung und einer hohen Qualität bei der Schadenregulierung, das „Rundum-Sorglos-Paket“ für Aufsichtsratsmitglieder. Diese Aussage trifft insbesondere dann zu, wenn die Versicherungsbedingungen so gestaltet sind, dass der Versicherungsschutz dem Aufsichtsrat „exklusiv“ zur Verfügung steht, was üblicherweise jedoch nicht der Fall ist. Die klassische Unternehmens-D&O-Versicherung schützt sämtliche Organmitglieder eines Unternehmens inklusive aller Organmitglieder der mitversicherten Tochterunternehmen. Dazu gesellen sich dann noch explizit aufgeführte weitere versicherte Personen, wie etwa Prokuristen und Leitende Angestellte. Wenn man sich die Versicherungssumme einer D&O-Police als Kuchen vorstellen möchte, dann wird schon deutlich, dass viele Personen darauf zugreifen können und -wenn es dumm läuft- dann auch mal ein Aufsichtsrat nackt im Wind stehen kann, weil ein Vorstand die Versicherungssumme einer Versicherungsperiode bereits abgeräumt hat. Bedingt helfen kann hier, soweit möglich, eine Maximierung der Versicherungssumme bzw. eine Wiederauffüllungsoption, so dass zumindest für einen weiteren Versicherungsfall in einer solchen Versicherungsperiode nochmal die vereinbarte Versicherungssumme zur Verfügung steht. Einen doppelten Boden bieten aber auch persönliche D&O-Versicherungen, die jedes Aufsichtsratsmitglied für sich abschließen und verhandeln kann und wodurch eine eigene, durch andere unantastbare Versicherungssumme zur Verfügung steht. Gleichermaßen interessengerecht wäre eine exklusive Unternehmens-Lösung, etwa als Exzedent nur für den Aufsichtsrat zu einer bestehenden klassischen Unternehmenns-D&O-Versicherung.

IV. D&O-Schadenregulierung

In der Praxis werden insbesondere wegen der komplexen Sach- und Haftungslage die meisten D&O-Schadenfälle durch eine vergleichsweise Einigung beendet. Das stellt sich insbesondere für die betroffene versicherte Person, aber auch für die Gesellschaft als Versicherungsnehmerin und ggf. sogar für den Versicherer als vorteilhaft dar. Gründe hierfür sind, dass bei Innenansprüchen gegen die jeweilige versicherte Person nicht unnötig viel „Porzellan zerschlagen“ wird, aber auch, dass die Reputation nicht beschädigt wird. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass nicht selten die Höhe des geltend gemachten Anspruchs die finanziellen Möglichkeiten der in Anspruch genommenen versicherten Person übersteigt, so dass mit dem Versicherer hier ein kapitalstarker Beteiligter zur Seite steht. Im schlimmsten Fall könnte sich ansonsten der Konflikt so ausweiten, dass das Unternehmen einen nur noch schwer zu beherrschenden wirtschaftlichen Schaden erleidet. So ist für ein erfolgreiches Schadenmanagement „Deeskalation“ die oberste Maxime. Zur Erreichung dieses Ziels ist eine mit Spezialisten besetzte eigene Schadenabteilung des D&O-Anbieters wichtig, um ein gleichermaßen großes Verständnis aller an einem Schadenfall Beteiligten für deren unterschiedliche Interessen aufbringen zu können, so dass sich hier dann die wesentliche Bedeutung und auch Werthaltigkeit der D&O-Versicherung erkennen lässt. So sind frühe Gespräche mit der Anspruchstellerseite und den versicherten Personen, also auch möglicherweise betroffenen Aufsichtsratsmitgliedern, regelmäßig zielführender als die Versendung mehrseitiger Fragebögen zur Aufklärung eines Falles.

D&O-Schadenfälle sind zumeist sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht sehr komplexe Sachverhalte, die in Abhängigkeit von der jeweils opportunen Verteidigungsstrategie geführt werden müssen. Bedeutend ist somit, wie die Schadenbearbeitung bzw. Schadenbegleitung in den einzelnen Häusern der D&O-Versicherer erfolgt. In der Praxis hat sich eine pro-aktive Schadenbearbeitung als Erfolg versprechend herausgestellt, da insbesondere hierdurch einer Eskalation des Falles frühzeitig entgegengewirkt werden kann.

Insofern ist die Wahl des richtigen D&O-Versicherers von großer Bedeutung und nur ein Versicherer, der den D&O-Schadenfall interessengerecht und fair „managen“ kann, wird in der Lage sein, kein unnötiges „Porzellan zu zerschlagen“.

Insofern kommt auch dem alternativen Konfliktmanagement ständig mehr Bedeutung zu. Immer dann, wenn ein langjähriges und schwieriges Gerichtsverfahren aller Voraussicht nach nicht zur besten Konfliktlösung führen würde, bieten wir alternative Konfliktlösungsmethoden an. Unsere Erfahrung zeigt hier deutlich, dass das Nutzen alternativer Streitbeilegungsmöglichkeiten anstelle des schnellen Ganges zu den Gerichten, in den meisten Fällen zu fairen Ergebnissen führt und deshalb grundsätzlich zu bevorzugen ist.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die richtige Wahl des D&O-Versicherers neben einem bedarfsgerechten und transparenten Bedingungswerk insbesondere von der Qualität der Schadenregulierung abhängig sein sollte. Nur so kann für die betroffenen Parteien im Schadenfall eine Lösung gefunden werden, die allen Interessen gerecht wird. Und wenn sich der Aufsichtsrat dann noch für eine eigene D&O-Police oder aber für eine unternehmensfinanzierte Lösung exklusiv für die Mitglieder des Aufsichtsrats entscheiden kann, die ihm aufsetzend auf eine Unternehmens-D&O-Versicherung dann noch exklusiven und auf seinen Bedarf zugeschnittenen Versicherungsschutz mit einer eigenen Versicherungssumme nur für die Aufsichtsratsmitglieder zur Verfügung stellt, dürfte kein Wunsch mehr offenbleiben.

Gekürzter Beitrag aus BOARD – Zeitschrift für Aufsichtsräte in Deutschland, 04/2021. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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