Menschenmenge steht für versicherte Personengruppe der D&O-Versicherung

Der D&O-Versicherungsschutz von Arbeitnehmern

Die D&O-Versicherung ist eine Organhaftpflichtversicherung. Doch auch Arbeitnehmern können Ansprüche aus einem D&O-Versicherungsvertrag zustehen, wenn sie z.B. als leitende Angestellte tätig sind.


Bei der D&O-Versicherung handelt es sich im Ausgangspunkt um eine Organhaftpflichtversicherung. Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag stehen daher in erster Linie Organen wie bspw. Geschäftsführern oder Aufsichtsräten von juristischen Personen zu. Doch auch Arbeitnehmern können Ansprüche aus einem D&O-Versicherungsvertrag zustehen, vor allem als sogenannte leitende Angestellte. Darüber hinaus können Arbeitnehmern Ansprüche aus dem D&O-Versicherungsvertrag zustehen, wenn und soweit sie besondere – insbesondere gesetzlich vorgeschriebene – Aufgaben wahrnehmen, wie beispielsweise als Datenschutzbeauftragter.

Der folgende Beitrag soll zeigen, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmern Ansprüche aus dem D&O-Versicherungsvertrag zustehen können und welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein Arbeitnehmer ein sogenannter leitender Angestellter ist.

Versicherte Personen laut D&O-Versicherungsvertrag

In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) findet sich stets ein Passus dazu, wer versicherte Personen im Sinne des Versicherungsvertrags sind. Der Versicherungsvertrag benennt sie in der Regel nicht namentlich (z. B. „Versicherte Person ist Max Mustermann.“), sondern die versicherten Personen werden nach ihrer Stellung und Funktion im Unternehmen bestimmt. Kommt einem Arbeitnehmer die entsprechende Stellung oder Funktion in einem Unternehmen zu, so ist er versicherte Person im Sinne des D&O-Versicherungsvertrags und ihm steht in einem während des versicherten Zeitraums eintretenden Versicherungsfall ein Versicherungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag zu.

So können Arbeitnehmer zum Kreis der versicherten Personen gehören, wenn sie als faktische Organe gelten:

„Außerdem sind folgende natürliche Personen versichert, soweit sie im Einzelfall als faktische Organe der Versicherungsnehmerin oder eines Tochterunternehmens gelten:
Arbeitnehmer
– Gesellschafter

Insoweit besteht Versicherungsschutz jeweils im Umfang der organschaftlichen Haftung.“

Ferner können Arbeitnehmer bei Ausübung bestimmter Funktionen zu den versicherten Personen gehören:

„Des Weiteren sind folgende bei der Versicherungsnehmerin oder einem Tochterunternehmen tätige natürliche Personen versichert:
Arbeitnehmer in ihrer Funktion als benannte Compliance-Beauftragte oder als besondere vom Gesetzgeber oder durch Industriestandards vorgesehene Beauftragte zur Sicherstellung der Compliance, z.B. als Datenschutz-, Geldwäsche-, Umweltschutz-, Arbeitsschutz- oder Sicherheitsbeauftragte; Versicherungsschutz wird jeweils im Umfang des nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung bestehenden Haftungsrisikos gewährt, […]“

Auch können Arbeitnehmer dann versicherte Personen sein, wenn ihnen Generalvollmacht oder Prokura erteilt wurde oder wenn sie sog. leitende Angestellte sind:

„Versichert sind auch natürliche Personen als Generalbevollmächtigte, Prokuristen oder leitende Angestellte der Versicherungsnehmerin oder eines Tochterunternehmens oder als Inhaber einer vergleichbaren Position nach ausländischem Recht. Versicherungsschutz wird jeweils im Umfang des nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung bestehenden Haftungsrisikos gewährt. Bestehen Zweifel, ob eine Person leitender Angestellter ist, gilt die für sie günstigste arbeitsrechtliche Auslegung.“

Schließlich können Arbeitnehmern über sog. Allokationsklauseln auch dann versicherungsvertragliche Ansprüche zustehen, wenn sie keine versicherten Personen sind, aber gemeinsam mit einer versicherten Person in Anspruch genommen werden:

„Werden in einem Versicherungsfall Ansprüche gleichzeitig sowohl als auch
a) gegen versicherte und nicht versicherte Personen,
[…]
erhoben, besteht Versicherungsschutz für den Anteil der Abwehrkosten und des Vermögensschadens, der dem Haftungsanteil der versicherten Personen für versicherte Sachverhalte entspricht. Abweichend davon trägt der Versicherer in Fällen gemäß a) […] die gesamten Abwehrkosten, solange die rechtlichen Interessen durch dieselbe Rechtsanwaltskanzlei vertreten werden.“

Darüber hinaus können durch besondere Vereinbarungen, also durch eine über die AVB hinausgehende oder diese (teilweise) ersetzende Abrede zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherer, aber natürlich auch bestimmte Arbeitnehmer ausdrücklich in den Kreis der versicherten Personen einbezogen werden.

Personen mit faktischer Organfunktion

Ein Arbeitnehmer kann, ohne zum Organ seiner Arbeitgeberin bestellt worden zu sein, dennoch rein faktisch Organ sein, bspw. faktischer Geschäftsführer einer GmbH. Dies kann Folge dessen sein, dass ein (vormaliger) Arbeitnehmer zum Organ bestellt werden sollte, der Bestellungsakt aber nicht wirksam ist, der (vormalige) Arbeitnehmer aber wie ein Geschäftsführer handelt.

Bsp. Nr. 1: Arbeitnehmer A ist Angestellter der V-GmbH und soll zu deren Geschäftsführer bestellt werden. A verschweigt, dass er vor drei Jahren wegen Insolvenzverschleppung bei der X-GmbH zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt worden war. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 a) GmbHG hätte A deswegen nicht zum Geschäftsführer bestellt werden dürfen. Der Verstoß führt zur Nichtigkeit der Bestellung. Nimmt A dennoch Aufgaben des Geschäftsführers wahr und bezeichnet er sich bspw. selbst gegenüber Außenstehenden als Geschäftsführer, ist er faktischer Geschäftsführer der V-GmbH.

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass in einem derartigen Fall A zwischenzeitlich seine Arbeitnehmereigenschaft verloren haben könnte, bspw. durch Aufhebung des Arbeitsvertrags samt Abschluss eines (wegen arglistiger Täuschung anfechtbaren) Geschäftsführerdienstvertrags.

Möglich ist es aber auch, dass ein Arbeitnehmer dadurch zum faktischen Organ wird, dass er aufgrund seines Verhaltens sowohl im Unternehmen wie auch von Außenstehenden als Organ wahrgenommen wird, ohne dass er je (auch nicht in unwirksamer Weise) zum Organ bestellt wurde. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Vielmehr müssen immer alle Umstände des Einzelfalls gewürdigt werden. Ein Anzeichen für die Stellung als faktisches Organ ist es, wenn der Arbeitnehmer auch gegenüber Außenstehenden Aufgaben wahrnimmt und Entscheidungen trifft, die üblicherweise dem jeweiligen Organ vorbehalten sind. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass das eigentliche Organ völlig verdrängt wird.

Bsp. Nr. 2 (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.1988 – II ZR 194/87): Arbeitnehmer A ist bei der V GmbH angestellt. A wurde nie zum Geschäftsführer der V GmbH bestellt. Gleichwohl ist A die überragende und beherrschende Persönlichkeit im Unternehmen, die sich um alles kümmert, sämtliche wesentlichen, für die Führung des Unternehmens bedeutsamen Entscheidungen trifft und der sich die ordentlichen Geschäftsführer, denen gegenüber er als Chef auftritt, unterordnen. A zieht auch nach außen im Verhältnis zu den Kunden der Gesellschaft, die er regelmäßig aufsucht, den für das Unternehmen der V GmbH entscheidend wichtigen Verkaufssektor unter Ausschaltung der Geschäftsführer völlig an sich, stellt in eigener Verantwortung das Personal ein und führt eigenverantwortlich ohne Hinzuziehung der ordentlichen Geschäftsführer Kreditverhandlungen mit dem wichtigsten Kreditgeber der Gesellschaft. Wie ein Geschäftsführer unterzeichnet A die Inventurliste der Gesellschaft und sogar deren Bilanz.

Wie die Beispiele zeigen, sind es eher Ausnahmefälle, in denen Arbeitnehmern deswegen Ansprüche aus der D&O-Versicherung zustehen können, weil sie faktische Organe sind.

Ausübung bestimmter Funktionen

Teilweise werden Arbeitnehmer, wenn sie im Unternehmen bestimmte Funktionen ausüben, deren Wahrnehmung durch Gesetz oder durch Industriestandards vorgeschrieben ist, in den Kreis der versicherten Personen aufgenommen, so bspw. der Datenschutzbeauftragte gemäß Art. 37 DSGVO oder der Verkehrsleiter gemäß Art. 4 VO (EG) Nr. 1071/2009. Dem liegt zugrunde, dass derartige Aufgaben nicht zu den typischen, von der Geschäftsleitung an den Arbeitnehmer delegierten Arbeiten gehören, sondern in die eigene Verantwortung der Beauftragten fallen. Die Beauftragten handeln insoweit wie Organe und müssen ihre Aufgaben nötigenfalls auch gegen den Willen der Organe durchführen.

Wichtig ist, dass ein Arbeitnehmer, der eine entsprechende Tätigkeit ausübt (bspw. Datenschutzbeauftragter), damit jedoch nur insoweit versichert ist, wie er der versicherten Tätigkeit nachgeht. Übt der Arbeitnehmer also neben der versicherten Tätigkeit noch weitere Tätigkeiten im Unternehmen aus und begeht er im Rahmen dieser nicht versicherten Tätigkeiten eine Pflichtverletzung, besteht kein Versicherungsschutz unter der D&O-Versicherung.

Bsp. Nr. 3: Arbeitnehmer A ist Angestellter bei seinem Arbeitgeber und als solcher auch dessen Datenschutzbeauftragter. Weil die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter jedoch nur einen Teil der Arbeitszeit des A ausfüllt, ist er daneben in der Finanzabteilung der V-GmbH tätig und für die Überwachung des Zahlungsverkehrs verantwortlich. Weil A eine von dem Mitarbeiter X erstellte und fehlerhafte Überweisung nicht hinreichend kontrolliert, erfolgt die Überweisung an den falschen Empfänger, von dem das Geld nicht wiederzuerlangen ist. Weil A insoweit nicht als Datenschutzbeauftragter tätig wurde, liegt keine versicherte Tätigkeit vor. Die D&O-Versicherung ist nicht betroffen.

Generalbevollmächtigte, Prokuristen, leitende Angestellte

Auf die Konstellationen der Generalvollmacht und der Prokura soll im Folgenden nur kurz eingegangen werden. Den Schwerpunkt soll die Beantwortung der Frage bilden, wann ein Arbeitnehmer leitender Angestellter ist, weil diese Frage in der Praxis immer wieder aufkommt.

Prokura

Die Prokura als besondere Art der Vollmacht ist gesetzlich geregelt, insbesondere auch ihr Umfang. So ermächtigt die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB), mit Ausnahme von Grundstücksgeschäften (§ 49 Abs. 2 HGB). Sie ist im Handelsregister einzutragen, wobei eine unterlassene Eintragung nicht die Unwirksamkeit der Prokura zur Folge hat. Dementsprechend ist ein Arbeitnehmer auch dann Prokurist, wenn ihm zwar Prokura erteilt, diese aber (noch) nicht im Handelsregister eingetragen wurde

Generalvollmacht

Die Generalvollmacht ist im Gegensatz zur Prokura nicht gesetzlich geregelt. Ihr eigen ist, dass sie zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen berechtigt. Sie geht damit über die Prokura, die nur zu solchen Rechtsgeschäften ermächtigt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (und in der Regel auch nicht zu Rechtsgeschäften über Grundstücke, § 49 Abs. 2 HGB), hinaus. Ob ein Arbeitnehmer in diesem Sinne Generalbevollmächtigter ist, muss durch Auslegung der Vollmacht ermittelt werden. Die Bezeichnung „Generalvollmacht“ kann dabei ein Hinweis darauf sein, dass eine unbeschränkte Vollmacht erteilt werden soll. Die Auslegung der Vollmachtsurkunde kann aber ergeben, dass trotz Verwendung des Begriffs „Generalvollmacht“ keine Generalvollmacht im eigentlichen Sinne vorliegt

Bsp. Nr. 4: Der Arbeitnehmer A erhält von seinem Arbeitgeber eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt, die mit „Generalvollmacht“ überschrieben ist. In der Vollmachtsurkunde ist geregelt, dass A nicht zum Abschluss von Rechtsgeschäften über Grundstücke und nicht zum Abschluss von Rechtsgeschäften, durch welche der Arbeitgeber zu einer Leistung im Wert von mehr als 100.000,00 € verpflichtet wird, bevollmächtigt ist. Trotz der Überschrift der Vollmachtsurkunde wurde A damit keine Generalvollmacht erteilt, denn er wird gerade nicht zu allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen ermächtigt. Eine Generalvollmacht läge aber gleichwohl vor, wenn die Vollmachtsurkunde keinerlei Einschränkungen enthielte, A jedoch vor bestimmten Handlungen verpflichtet wäre, die Zustimmung des Geschäftsführers einzuholen, denn dann könnte A unbeschränkt handeln und dürfte es lediglich nicht.

Leitender Angestellter

Wenn in der Praxis gegenüber dem Versicherer geltend gemacht wird, dass ein Arbeitnehmer zum Kreis der versicherten Personen gehöre, wird dies meistens damit begründet, dass der Arbeitnehmer leitender Angestellter sei. Wann ein Arbeitnehmer leitender Angestellter ist, soll im Folgenden aufgezeigt werden. So viel kann vorab verraten werden: Nur sehr wenige Arbeitnehmer sind leitende Angestellte im Rechtssinne.

Wer ist “leitender Angestellter”?

Zunächst ist klarzustellen, dass ein Arbeitnehmer nicht dadurch zum leitenden Angestellten wird, dass das Unternehmen – oder gar der Arbeitnehmer selbst – die Person bzw. sich selbst so bezeichnen oder mit entsprechenden Titeln versehen. Der „Leiter Finanzen“ ist daher nicht per se leitender Angestellter, ebenso wenig der „Head of Sales“.

Der „leitende Angestellte“ als Rechtsbegriff

Klauseln in den AVB von D&O-Versicherungsverträgen, die sich auf leitende Angestellte beziehen, sind so formuliert, dass leitende Angestellte nur solche Arbeitnehmer sind, die die in den unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften niedergelegten Anforderungen für leitende Angestellte erfüllen (bspw. die Voraussetzungen von § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG) und für die in der Folge arbeitsrechtliche Besonderheiten gelten (bspw. ein verringerter Kündigungsschutz).

Demzufolge ist ein Blick in das Gesetz erforderlich und zwar in zwei Gesetze, nämlich in § 14 Absatz 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und in § 5 Absatz 3 und Absatz 4 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Während § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG bestimmt, für welche leitenden Angestellten ein nur eingeschränkter Kündigungsschutz gilt, regelt § 5 Absatz 3 und Absatz 4 BetrVG, wer leitender Angestellter im Sinne des BetrVG ist und für wen in der Folge bestimmte Rechte des kollektiven Arbeitsrechts (v.a. Teilnahme an Betriebsratswahlen) nicht gelten. Den gesetzlichen Bestimmungen und ihren Auslegungen ist dabei aber eines gemeinsam: der leitende Angestellte nimmt eine Sonderstellung ein, denn er befindet sich funktional zwischen der Stellung als Arbeitgeber und der Stellung als (nicht leitender) Arbeitnehmer. Ihm kommt daher nicht der gleiche Schutz zu wie „gewöhnlichen“ Arbeitnehmern. Daraus folgt aber zugleich auch, dass der Kreis der leitenden Angestellten im Interesse und zum Schutz der Arbeitnehmer eng umrissen sein muss, damit nicht zu viele Arbeitnehmer als leitende Angestellte gelten und in der Folge einen Teil ihres arbeitsrechtlichen Schutzes verlieren.

Leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes

§ 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG lautet:

„Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung.“

Hieraus ergeben sich im Wesentlichen zwei Voraussetzungen, deren Inhalte von der Rechtsprechung weiter ausdifferenziert wurden:
Die erste Voraussetzung ist, dass der leitende Angestellte einem Geschäftsführer oder Betriebsleiter „ähnlich“ sein muss. Aus der „Ähnlichkeit“ des leitenden Angestellten zum Geschäftsführer oder Betriebsleiter leitet die Rechtsprechung das Erfordernis ab, dass der leitende Angestellte in der Unternehmenshierarchie eine angemessene Stellung bekleidet. Er muss Führungsaufgaben wahrnehmen. Diese Voraussetzung erschließt sich, wenn man sich noch einmal vor Augen führt, dass das Kündigungsschutzgesetz Arbeitnehmern Kündigungsschutz gewähren will und hiervon nur solche Arbeitnehmer ausgenommen sein sollen, die in der Gesamtschau eher auf Arbeitgeberseite als auf Arbeitnehmerseite stehen.

Die zweite Voraussetzung ist, dass der leitende Angestellte zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sein muss. Zwar spricht die Regelung von leitenden Angestellten, „soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind“, was im Umkehrschluss bedeuten würde, dass es auch leitende Angestellte gibt, die hierzu (Einstellung oder Entlassung) nicht berechtigt sind. Jedoch wird erst durch die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis aus dem Arbeitnehmer ein leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes mit den daran anknüpfenden arbeitsrechtlichen Folgen.

Der leitende Angestellte muss demzufolge zur Einstellung oder Entlassung befugt sein, also nicht zu beidem. Für die Annahme der Eigenschaft als leitender Angestellter genügt es aber nicht, wenn die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis nur im Einzelfall erteilt wird.

Bsp. Nr. 5: Der Arbeitnehmer A nimmt für seinen Arbeitgeber Personalgespräche wahr. Vor besonders kritischen Gesprächen wird L zuweilen bevollmächtigt, unmittelbar und nach eigenem Ermessen Kündigungen auszusprechen. Damit ist L nur im Einzelfall zur Entlassung befugt und somit kein leitender Angestellter im Sinne des KSchG.

Die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis muss sich auf eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern beziehen. Die Rechtsprechung begründet diese Voraussetzung damit, dass nur bei Verantwortung für eine bedeutende Zahl von Arbeitnehmern ein Entscheidungsspielraum und eine eigenverantwortliche Identifikation mit unternehmerischen Zielsetzungen denkbar sei. Dabei ist eine „bedeutende Anzahl“ nicht erst dann erreicht, wenn es um eine Vielzahl von Arbeitnehmern geht (quantitatives Element – „Wie viele?“). Vielmehr kann eine bedeutende Anzahl auch dann vorliegen, wenn die Tätigkeiten dieser Arbeitnehmer für das Unternehmen von besonderer Bedeutung sind (qualitatives Element – „Was machen diese im Unternehmen?“).

Bsp. Nr. 6 (vgl. BAG, Urteil vom 27.09.2001 – 2 AZR 176/00): Der Arbeitnehmer A leitet bei seinem Arbeitgeber den Bereich „Zentraler Kundendienst“, dem knapp 2.000 Mitarbeiter angehören. Unmittelbar unterstellt sind A jedoch nur fünf Arbeitnehmer, von denen vier leitende Angestellte sind, die wiederum nachgeordnete Mitarbeiter einstellen oder entlassen dürfen. Nur auf diese fünf Arbeitnehmer bezieht sich die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des A. Hier hat das BAG angenommen, dass sich die Befugnisse des A auf eine „bedeutende Anzahl“ von Arbeitnehmern bezieht, weil sich der kleine Kreis von Arbeitnehmern aus besonders bedeutsamen Personen zusammensetzt und sich aufgrund der Personalkompetenz dieser Arbeitnehmer für die nachgelagerten Arbeitnehmer ein prägender Einfluss des A auf das Unternehmen ergibt.

Die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis darf auch nicht lediglich einen zu vernachlässigenden Teil der Tätigkeiten des leitenden Angestellten ausmachen (wobei das Bundesarbeitsgericht auch hier davon auszugehen scheint, dass je bedeutsamer die Gruppe der Arbeitnehmer ist, auf die sich die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis bezieht, desto geringer die Anforderungen daran sind, wieviel Zeit auf die Befassung mit der Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis entfallen muss).

Bsp. Nr. 7 (vgl. BAG, Urteil vom 10.10.2002 – 2 AZR 598/01): Der Arbeitnehmer A ist bei seinem Arbeitgeber, einem Architekturbüro, für unterschiedliche Aufgaben verantwortlich. Dazu zählen auch Neueinstellungen, die A eigenverantwortlich durchführen kann. Allerdings macht der Aufgabenbereich „Bewerbungen/Neueinstellungen“ nach der Zeiterfassung des A nur ca. 0,5 % seiner gesamten Arbeitszeit aus und stellt damit nur einen zu vernachlässigenden Teil der Tätigkeiten des A dar. Damit ist A nicht leitender Angestellter im Sinne des § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG.

Dem Angestellten muss die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis zur alleinigen und selbstständigen Entscheidung zustehen. Ein Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers steht einer alleinigen und selbständigen Entscheidungsbefugnis entgegen.

Bsp. Nr. 8: Der Arbeitnehmer A ist befugt, bei seinem Arbeitgeber Arbeitnehmer einzustellen und zu entlassen. Vor derartigen Maßnahmen muss A jedoch immer die Zustimmung des Geschäftsführers einholen. Dann ist A nicht leitender Angestellter im Sinne des § 14 KSchG.

Unschädlich ist es allerdings, wenn interne Richtlinien oder interne Beratungspflichten zu beachten oder rein Kontrollzwecken dienende Unterschriften einzuholen sind.

Bsp. Nr. 9: Der Arbeitnehmer A ist bei seinem Arbeitgeber zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern befugt. Arbeitsverträge und Kündigungen bedürfen jedoch neben der Unterschrift des A der Unterschrift einer weiteren Person zur Wahrung des Vier-Augen-Prinzips. Ferner existiert unternehmensintern eine Richtlinie, die festlegt, welche Anforderungen Bewerber für welche Stellen erfüllen müssen und dass vor Einstellungen oder Kündigungen stets eine Beratung mit der Personalabteilung zu erfolgen hat. Derartige Einschränkungen stehen der Annahme, dass A leitender Angestellter im Sinne des § 14 KSchG sei, nicht entgegen.

Leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes

§ 5 Absatz 3 Satz 2 BetrVG definiert den leitenden Angestellten wie folgt:

„Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

  1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
  2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
  3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.“

Es gibt demnach drei Arten, wie aus einem Arbeitnehmer ein leitender Angestellter im Sinne des BetrVG wird, wobei diese natürlich auch in Kombination auftreten können.

Nr. 1: Selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis

Die Regelung der Nr. 1 weist Ähnlichkeiten mit § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG auf. Liest man die Regelung des § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BetrVG aber sorgfältig durch, fällt ein Unterschied zwischen den gesetzlichen Regelungen auf: Nach § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG ist Voraussetzung für den Status als leitender Angestellter, dass der Angestellte zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist (eines von beidem genügt), wohingegen § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BetrVG verlangt, dass der Angestellte zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmerin berechtigt sein muss (er muss zu beidem befugt sein). Insoweit ist der Begriff des leitenden Angestellten in § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BetrVG enger als in § 14 Absatz 2 Satz 1KSchG.

Allerdings ist der Begriff des leitenden Angestellten in § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BetrVG insofern weiter als derjenige in § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG, als § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BetrVG keine personelle Leitungsfunktion verlangt. Der leitende Angestellte im Sinne von § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 BetrVG muss – anders als bei § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG – keine Stellung ähnlich einem Geschäftsführer oder Betriebsleiter einnehmen.

Wie auch bei § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG genügt jedoch nicht jede Einstellungs- und Entlassungskompetenz, sondern diese muss sich entweder auf eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern beziehen oder aber auf eine kleinere Zahl von Arbeitnehmern, wenn diese für den Arbeitgeber von besonderer Bedeutung sind. Es genügt auch nicht per se, wenn die Personalbefugnis sämtliche Arbeitnehmer umfasst, die in einem durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständigen Betriebsteil tätig sind.

Bsp. Nr. 10 (vgl. BAG, Beschluss vom 04.05.2022 – 7 ABR 14/21): Der Arbeitnehmer A ist bei seinem Arbeitgeber, einem Einzelhandelsunternehmen mit bundesweit 58 Filialen, angestellt. Jede Filiale verfügt über 5-10 Mitarbeiter.
A ist Leiter Filiale in der Stadt S. Die Filiale verfügt über 5 Arbeitnehmer. Die Filiale stellt einen eigenständigen Betriebsteil dar, der über einen eigenen Betriebsrat verfügt. A ist befugt, Mitarbeiter der Filiale in S eigenverantwortlich einzustellen und zu entlassen. A ist damit gleichwohl nicht leitender Angestellter. Denn seine Personalbefugnis bezieht sich nicht auf eine Vielzahl von Mitarbeitern und auch nicht auf eine Gruppe von Arbeitnehmern mit besonderer Bedeutung für seine Arbeitgeberin. Unerheblich ist, dass sich die Personalbefugnis auf alle Mitarbeiter der Filiale bezieht.

Die Einstellungs- und Entlassungskompetenz muss sowohl im Innenverhältnis zum Arbeitgeber wie auch im Außenverhältnis zum Arbeitnehmer bestehen. Dem leitenden Angestellten muss die selbständige Entscheidungsbefugnis über Einstellung und Entlassung zukommen, wobei die bloße Beteiligung weiterer Personen oder Abteilungen zu Beratungs- oder Kontrollzwecken nicht schädlich ist (vgl. hierzu Beispiel Nr. 9 zu § 14 KSchG).

Nr. 2: Generalvollmacht oder Prokura

Auch die Erteilung von Generalvollmacht oder Prokura kann den Status als leitender Angestellter begründen. Weil Generalbevollmächtigte und Prokuristen jedoch oftmals schon von sich aus – ohne Erfüllung weiterer Voraussetzungen – in den Schutzbereich des D&O-Vertrags einbezogen sind, soll hierauf nicht gesondert eingegangen werden.

Nr. 3: Wahrnehmung bedeutsamer Aufgaben

Eine Wahrnehmung bedeutsamer Aufgaben im Sinne von § 5 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 BetrVG liegt vor, wenn es sich um eine gehobene Angestelltentätigkeit handelt. Eine reine Vorgesetztenposition genügt hierfür nicht, ebenso wenig genügen besondere Kenntnisse und Erfahrungen. Im Unterschied zu § 5 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG ist es aber nicht erforderlich, dass der leitende Angestellte Leitungsaufgaben im Außenverhältnis wahrnimmt. Auch die Wahrnehmung von sog. Stabsaufgaben (also rein im Innenverhältnis) kann die Voraussetzungen von § 5 Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG erfüllen.

Dem Angestellten muss ein erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen. Er muss Einfluss auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische, wissenschaftliche oder personelle Führung des Unternehmens ausüben und zwar entweder dadurch, dass er selbst die maßgeblichen Entscheidungen trifft oder kraft seiner Schlüsselposition Voraussetzungen schafft, an denen die eigentliche Unternehmensführung nicht vorbeigehen kann. Je tiefer die Entscheidungsstufe in der Unternehmenshierarchie liegt, auf der der Angestellte unternehmens- oder betriebsleitende Aufgabenstellungen erfüllt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wesentliche unternehmerische Entscheidungsspielräume auf den höheren Entscheidungsstufen bereits verbraucht wurden.

Bsp. Nr. 11 (vgl. BAG, Urteil vom 17.11.1983 – 6 AZR 291/83): A ist Arbeitnehmer der O GmbH & Co. KG. Die O gliedert sich in zwei Geschäftsbereiche, Medizin und Touristik. Der Bereich Medizin untergliedert sich weiter in die Unterbereiche Kurklinik, O-Klinik und Kurmittelhaus. Die Verwaltung der Betriebsbereiche ist weitgehend zentralisiert. Unter der Geschäftsführung stehen zentrale Stabsabteilungen wie bspw. „Personal und Recht“ und „Controlling“. A ist Verwaltungsleiter der O-Klinik. Auch wenn A bei der O-Klinik maßgeblichen Einfluss auf die dort zu treffenden Entscheidungen nimmt, ist er kein leitender Angestellter. Denn die O-Klinik ist nur ein Betriebsteil von mehreren der O GmbH & Co. KG. Wesentliche Leitungsaufgaben für alle Betriebsbereiche werden unternehmensweit bereits durch die Stabsabteilungen wahrgenommen.

Bsp. Nr. 12 (vgl. BAG, Urteil vom 05.05.2010 – 7 ABR 97/08): A ist als Chefarzt bei seinem Arbeitgeber angestellt.
Dieser betreibt in S ein Krankenhaus mit 530 Mitarbeitern. Unterhalb der Geschäftsführung ist eine Betriebsleitung gebildet, die aus einem der Geschäftsführer, der Pflegedienstleitung und dem ärztlichen Direktor besteht. Mit Ausnahme der Röntgenabteilung stehen den acht medizinischen Abteilungen des Krankenhauses jeweils leitende Abteilungsärzte als Chefärzte vor. Eine medizinische Abteilung ist die Klinik und Tagesklinik für Geriatrie, die von A geleitet wird. In der Abteilung Geriatrie sind neben A als Chefarzt zwei Oberärzte und fünf weitere Ärzte sowie im Pflegebereich 26,5 Vollkräfte tätig. Die Geriatrie verfügt über 41 von insgesamt 405 stationären Krankenhausbetten sowie über weitere 15 Betten in der Tagesklinik. Damit erzielte die Abteilung zuletzt 12% des im Krankenhaus erwirtschafteten Gesamtumsatzes. Es ist festgelegt, dass die Budgetplanung für die Geriatrie zwischen A und seinem Arbeitgeber abzustimmen ist. Gleichwohl hat das BAG A nicht als leitenden Angestellten angesehen. Zwar darf A in seinem Verantwortungsbereich weisungsfrei handeln. Jedoch sind die von A zu treffenden Entscheidungen überwiegend rein medizinischer und nicht unternehmerischer Natur. Die bloße Abstimmung über ein Budget bedeutet, dass A nicht eigenständig über das Budget entscheiden, sondern sich sein Arbeitgeber über die Vorstellungen von A hinwegsetzen kann. Auch die Hierarchiestufe des A, die sich unterhalb der Betriebsleitung befindet, spricht gegen eine Stellung als leitender Angestellter.

Die Zweifelsfallregelung nach § 5 Absatz 4 BetrVG:

§ 5 Absatz 4 BetrVG enthält eine Zweifelsfallregelung und lautet:

„Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.“

Die Bestimmung soll nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nicht so zu verstehen sein, dass bei Erfüllung eines oder mehrerer der aufgezählten Kriterien eine Vermutung dafür eingreife, dass der entsprechende Arbeitnehmer leitender Angestellter sei. Vielmehr kommt die Regelung erst dann zum Tragen, wenn es nach vollständiger Auswertung des Sachverhalts offen ist, ob ein Arbeitnehmer als leitender Angestellter i. S. v. § 5 Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG anzusehen ist oder nicht. In der arbeitsgerichtlichen Praxis soll die Vorschrift deswegen keine große Rolle spielen.

Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

  • Ein Arbeitnehmer kann dadurch, dass er Organtätigkeiten ausübt, faktisches Organ sein und so in den Versicherungsschutz des D&O-Versicherungsvertrags einbezogen sein. Derartige Fälle sind in der Praxis selten.
  • Auch Prokuristen und Generalbevollmächtigte sind regelmäßig in den Versicherungsschutz der D&O-Versicherung einbezogen, wobei das Vorliegen einer Generalvollmacht im Einzelfall zu prüfen ist.
  • Arbeitnehmer sind nur dann leitende Angestellte, wenn ihnen entweder Personalbefugnisse zur eigenverantwortlichen Ausübung zustehen und diese Befugnis sich entweder auf eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern oder eine bedeutende Gruppe von Arbeitnehmern bezieht oder aber sie derart besonders bedeutsame Entscheidungen im Unternehmen vorbereiten oder selbst treffen, dass sie gewissermaßen die „rechte Hand“ der Geschäftsleitung darstellen. Erfüllen Arbeitnehmer diese (strengen) Voraussetzungen, sind sie in das Leistungsversprechen des D&O-Versicherers in der Regel einbezogen.

Versicherungsschutz aufgrund Allokationsklausel

Schließlich kann Arbeitnehmern Versicherungsschutz in Form von Abwehrkostenschutz sogar dann zuteilwerden, wenn sie keine versicherte Person im Sinne der AVB sind, dies über sog. Allokationsklauseln. Derartige Klauseln bestimmen, in welchem Umfang Versicherungsschutz besteht, wenn versicherte und nicht versicherte Sachverhalte oder versicherte und nicht versicherte Personen zusammentreffen, also eine Anspruchserhebung sowohl auf versicherte wie auch auf nicht versicherte Sachverhalte gestützt wird oder sich eine Anspruchserhebung sowohl gegen versicherte wie auch gegen nicht versicherte Personen richtet. Zum Teil erfassen Allokationsklauseln auch ausdrücklich den Fall, dass neben einem Organ ein Arbeitnehmer in Anspruch genommen wird. Wie bereits einleitend wiedergegeben, kann eine derartige Klausel wie folgt lauten:

„Werden in einem Versicherungsfall Ansprüche gleichzeitig sowohl als auch
a) gegen versicherte und nicht versicherte Personen,
[…]
erhoben, besteht Versicherungsschutz für den Anteil der Abwehrkosten und des Vermögensschadens, der dem Haftungsanteil der versicherten Personen für versicherte Sachverhalte entspricht. Abweichend davon trägt der Versicherer in Fällen gemäß a) […] die gesamten Abwehrkosten, solange die rechtlichen Interessen durch dieselbe Rechtsanwaltskanzlei vertreten werden.“

Eine Allokationsklausel kann bestimmen, dass dann, wenn sich eine Anspruchserhebung sowohl gegen eine versicherte Person wie auch gegen eine nicht versicherte Person richtet, Abwehrkostenschutz nicht nur für die versicherte Person besteht, sondern auch für die nicht versicherte Person, wenn sowohl die versicherte wie die nicht versicherte Person durch dieselbe Rechtsanwaltskanzlei vertreten werden. Derartige Klauseln sind deswegen Teil der AVB, weil es im Interesse sowohl der versicherten Person wie auch des Versicherers sein kann, dass sich die Beklagten im Haftungsprozess möglichst „einheitlich“ verteidigen, insbesondere nicht sich gegenseitig die Schuld „zuschieben“. Ferner ist es im Interesse der versicherten Person und des Versicherers, dass auch der nicht versicherte Beklagte obsiegt, weil dann nicht das Risiko besteht, dass die nicht versicherte Person die versicherte Person in Regress nimmt.

Bsp. Nr. 13: Geschäftsführer G betraut Arbeitnehmer A damit, komplexe Antragsunterlagen für eine von der Gesellschaft erstrebte Subvention zu erstellen. A ist für die konkrete Aufgabe nicht hinreichend qualifiziert, was G hätte erkennen können. Auch A hat Zweifel an seiner Eignung, widerspricht aber nicht, weil er die Gelegenheit nutzen möchte, sich gegenüber G zu beweisen. Aufgrund eines Fehlers in den von A erstellten Antragsunterlagen erhält die Gesellschaft nicht die beantragte Subvention, obwohl sie tatsächlich alle Anforderungen hätte erfüllen können. Die Gesellschaft nimmt G und A auf Ersatz des hieraus entstandenen Schadens in Anspruch. Zwischen der Gesellschaft und dem Versicherer V wurde ein D&O-Versicherungsvertrag geschlossen. Danach ist nur G versicherte Person, nicht aber A. Werden G und A gegenüber der Gesellschaft aber von derselben Rechtsanwaltskanzlei vertreten, können A gleichwohl Kostenübernahmeansprüche gegen den Versicherer V zustehen, wenn die Allokationsklausel des D&O-Versicherungsvertrags dies vorsieht.

Folgen für den Versicherungsschutz aus einer D&O-Versicherung

Die obigen Ausführungen zeigen, dass auch Arbeitnehmern Ansprüche aus einem D&O-Versicherungsvertrag zustehen können. Sie verdeutlichen aber auch, dass nur wenige Arbeitnehmer die Voraussetzungen hierfür erfüllen.

Insbesondere sind nur die wenigsten Angestellten leitende Angestellte, auch wenn ihre unternehmensinternen Funktionsbezeichnungen, ihre hierarchische Stellung oder die Höhe ihres Gehalts einen anderen Eindruck vermitteln können. Es bedarf eines genauen Blicks auf das jeweilige Unternehmen, die Person des betroffenen Arbeitnehmers und dessen Aufgaben sowie die Regelungen des Arbeitsvertrags oder eine etwaige vom Arbeitsvertrag abweichende tatsächliche Handhabung. Gerade in kleinen bis mittleren Unternehmen wird sich die Geschäftsleitung häufig diejenigen Kompetenzen vorbehalten, deren Verleihung aus einem Angestellten erst einen leitenden Angestellten machen würde. Im Schadenfall können unterschiedliche Auffassungen zum Begriff des leitenden Angestellten zu Irritationen führen, dies möglicherweise deshalb, weil der betroffene Angestellte meint, dass der Versicherer die Bedeutung seiner Tätigkeit für das Unternehmen verkenne. Der Begriff des leitenden Angestellten ist jedoch ein Rechtsbegriff und dessen Voraussetzungen sind – wie eben dargelegt – nicht bereits dann erfüllt, wenn ein Angestellter über besondere Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt oder im Unternehmen als Führungspersönlichkeit wahrgenommen wird.

Insoweit unterscheidet sich die D&O-Versicherung bspw. von einer Betriebshaftpflichtversicherung. Bei letzterer sind alle Personen, die zur Versicherungsnehmerin in einem Dienstverhältnis stehen (vgl. § 102 Absatz 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz) und damit auch alle Arbeitnehmer in den Versicherungsschutz einbezogen. Der Kreis der versicherten Personen ist also in der Regel weiter als derjenige der D&O-Versicherung. Allerdings gewährt die Betriebshaftpflichtversicherung keinen Versicherungsschutz für den Fall, dass die Versicherungsnehmerin selbst Ansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend macht (Innenhaftungsfall). Insoweit ist die Betriebshaftpflichtversicherung also enger als die D&O-Versicherung.

Obwohl der Kreis der versicherten Personen in der D&O-Versicherung also groß ist, gehören die meisten Arbeitnehmer nicht dazu. Dies rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass die D&O-Versicherung in erster Linie die unbeschränkt haftenden Organe schützen soll. Arbeitnehmer sind demgegenüber, auch wenn die D&O-Versicherung nicht leistungspflichtig sein sollte, weil der betroffene Mitarbeiter kein leitender Angestellter ist, im Regelfall nicht dazu verpflichtet, von ihnen verursachte Schäden, die im Rahmen betrieblich veranlasster Tätigkeiten entstehen, in voller Höhe zu ersetzen. Denn Arbeitnehmer haften gegenüber ihrem Arbeitgeber nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleiches im Falle leicht fahrlässig begangener Pflichtverletzungen nicht. Haben sie mittelgradig fahrlässig gehandelt, ist der Schaden vom Arbeitnehmer regelmäßig nur teilweise zu ersetzen – den Rest des Schadens trägt der Arbeitgeber. Im Falle grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in voller Höhe, wobei eine Haftungserleichterung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in Betracht kommt, insbesondere wenn der Ersatz des gesamten Schadens die Existenz des Arbeitsnehmers gefährden würde. Für vorsätzliche Handlungen haftet der Arbeitnehmer unbeschränkt, wobei in einem derartigen Fall auch die D&O-Versicherung in der Regel nicht leistungspflichtig wäre.


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